Was kann ich für mein Kind tun?
Was kann ich für mich selbst tun?
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Selbstberichte
Was kann ich für mein Kind tun?
„Ich liebe mein Kind und möchte, dass es ein gutes Leben hat! Ich habe Schuldgefühle, weil ich meinem Kind keine gute Mutter / kein guter Vater bin.“ Es gibt keine „normalen“ Eltern und auch keine perfekten Eltern! Alle Eltern erleben in der Erziehung ihrer Kinder Schwierigkeiten. Sich überfordert zu fühlen und mit einer Erziehungssituation nicht mehr zurecht zu kommen, passiert allen Eltern. Sich trauen Hilfe zu holen ist ein mutiger Schritt. Alle Eltern – ob suchtkrank oder nicht – sollten diesen Schritt für ihre Kinder und Beziehung tun, um für Probleme im Familienleben frühzeitig Lösungen zu suchen. Sicherlich gibt es durch die Suchtproblematik Probleme, die andere Familien nicht haben.


Das Wichtigste
- Erklären Sie Ihrem Kind, dass es nicht sein Fehler ist, dass Sie ein Problem mit Alkohol oder anderen Drogen haben. Sie haben eine Krankheit.
- Organisieren Sie den Alltag so vorhersehbar wie möglich: Kinder brauchen Strukturen und einen Rahmen, um sich sicher zu fühlen.
- Wenn es in der Familie zu Gewalt oder starkem Konsum kommt, sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind in Sicherheit ist und dass es weiss, wo es Hilfe holen kann. Ab 4 oder 5 Jahren können Sie ihm eine Liste mit Telefonnummern geben, die es anrufen kann.
- Organisieren Sie sich eine erwachsene Vertrauensperson, die über die Situation Bescheid weiss, und die das Kind abholen kann, wenn eine gefährdende Situation besteht.
- Vermeiden Sie es möglichst, dass Ihr Kind Sie berauscht erlebt.

Wie erlebt mein Kind diese Situation?
Die Auswirkungen eines elterlichen Konsumproblems auf das Kind sind unterschiedlich, aber ziemlich zahlreich. Die Website www.mamatrinkt.ch oder www.papatrinkt.ch beschreibt, wie sich ein Kind im Allgemeinen fühlt, wenn ein oder beide Elternteile ein Problem mit Alkohol oder anderen Drogen haben.

Wie sieht sein Alltag aus?
Kinder fühlen sich wohl, wenn ihr Tag gut organisiert ist. Wenn dies bei Ihnen nicht der Fall ist, überlegen Sie sich ein oder zwei Dinge, die sie tun können, um den Alltag Ihres Kindes klarer zu strukturieren. Nehmen Sie sich ein Ziel vor, zum Beispiel eine Mahlzeit zu einer bestimmten Uhrzeit einzunehmen oder nach dem Abendessen immer eine Geschichte zu erzählen. Ziehen Sie nach einer Woche Bilanz: Wie hat das geklappt? Wenn Sie merken, dass Sie es nicht schaffen, dieses Ziel zu erreichen, kann das ein Zeichen sein, dass Sie sich Unterstützung holen sollten.

Mein Kind wagt nicht, mich alleine zu lassen
Oft wagt das Kind nicht, das Haus zu verlassen, weil es sich um Sie sorgt oder weil es denkt, Ihren Konsum kontrollieren zu müssen. Weiss Ihr Kind, dass es nicht für Sie verantwortlich ist? Dass es nicht seine Rolle ist, auf Sie aufzupassen und dass es das Recht hat, Zeit für sich alleine zu haben?
Es ist für Kinder sehr wichtig, Beziehungen zu Menschen ausserhalb seiner Familie zu haben. Dies können Grosseltern sein, Cousinen oder Cousins, Nachbarn oder SchulkollegInnen. Diese Beziehungen ermöglichen ihnen, andere Lebensformen kennenzulernen und stabile Beziehungen aufzubauen.

Mein Kind hat keine Freunde/Freundinnen
Freundschaften sind wichtig für das Wohlbefinden von Kindern ab 5 Jahren. Die Freunde und Freundinnen sind SpielkameradInnen, mit denen es Spass haben kann, aber auch Regeln des Zusammenlebens lernt. Wenn Ihr Kind sehr alleine ist, kann dies damit zusammenhängen, dass es sich für Sie verantwortlich fühlt oder nicht wagt, FreundInnen zu sich nach Hause einzuladen. Versuchen Sie, mit ihm darüber zu sprechen. Vielleicht fürchtet es, dass man Sie berauscht sehen könnte? Wenn dies der Fall ist, sollten Sie über Ihren Konsum nachdenken und überlegen, wie Sie vermeiden können, dass es so weit kommt. In jedem Fall sollten Sie Ihr Kind ermutigen, Freunde zu treffen, auch wenn dies nur ausserhalb der eigenen Wohnung möglich ist.

Ihr Kind ist nicht für Sie verantwortlich
Was würden Sie für Ihr Kind tun, wenn Sie Krebs hätten? Sie würden ihm erklären, dass sich ÄrztInnen um Sie kümmern. Und Sie würden Menschen suchen, die Ihnen helfen, wenn es Ihnen schlecht gehen würde oder wenn Sie im Spital sein müssten. Die Situation, in der Sie sind, ist im Prinzip fast gleich. Egal, um welche Krankheit es geht, ein Kind muss wissen, dass sich jemand um Sie kümmert und dass die Situation unter Kontrolle ist. Das wird ihm helfen, zu verstehen, dass es nicht an ihm liegt, etwas zu tun. Sich Unterstützung zu holen, ist ein mutiger Schritt, der zeigt, dass man die eigenen Grenzen anerkennt.

Sieht mich mein Kind oft berauscht?
Kinder belastet es sehr, wenn sie ihre Eltern und die Art, wie sie sich verhalten, nicht wiedererkennen. Es ist für Ihr Kind besser, wenn Sie in seiner Anwesenheit nicht konsumieren. Vielleicht schaffen Sie das nicht immer.

Wenn es zu Gewalt kommt
In Familien, die von einem Alkohol- oder Drogenproblem betroffen sind,
gibt es oft auch Gewalt. Ob sie nun körperlich ist oder psychisch,
sie gefährdet die Entwicklung des Kindes. Wenn Gewalt in Ihrer Familie vorkommt,
müssen Sie sich Unterstützung holen.
Das Wichtigste ist, dass Sie Ihre Kinder schützen.

Hat Ihr Kind Zeit zum Spielen?
Es kommt vor, dass Kinder mit suchtkranken Eltern in Krisenzeiten viel Zeit für Dinge aufwenden müssen, die nicht ihrem Alter entsprechen. Sie waschen Wäsche, kümmern sich um die Geschwister oder bereiten Mahlzeiten zu. In einer gewissen Weise übernehmen diese Kinder dann die Rolle der Eltern. Wenn diese Aufgaben zu viel Platz in ihrem Leben einnehmen, verpassen sie einen Teil ihrer Kindheit. Hat Ihr Kind genügend Zeit, seine Hausaufgaben zu machen? In seinem Zimmer zu spielen? Man sagt, der Beruf des Kindes ist es, Spass zu haben. Das Spielen ist für seine Entwicklung sehr wichtig. Spielend lernt es einen grossen Teil der Dinge, die es im Leben brauchen wird. Auch wenn es nicht leicht ist: Sorgen Sie dafür, dass wieder ein Gleichgewicht entsteht.
Um Ihr Kind zu entlasten, können Sie sich zum Beispiel an Nahestehende wenden oder Unterstützung bei Fachstellen holen.

Verbringen wir Zeit gemeinsam?
Nehmen Sie sich ein paar Minuten, um aufzuschreiben, wann Sie mit Ihren Kindern Zeit verbringen. Studien zeigen, dass es besser ist, häufiger kurze Momente (30 Sekunden bis 1,5 Minuten) bewusst mit Ihrem Kind zu verbringen als lange Zeiten zu reservieren. Vielleicht ist für Sie das Frühstück ein besonderer Moment oder ein Spiel am Abend vor dem Zubettgehen. Ein besonderer Moment kann auch die morgendliche gemeinsame Autofahrt in die Krippe oder in die Schule sein. Solche Gewohnheiten geben dem Kind Sicherheit. Das gilt auch für Eltern, die ihre Kinder wenig sehen.

Grenzen setzen
Kinder brauchen klare Regeln, die nicht von Ihrer Stimmung und der gerade herrschenden Situation abhängen.
Wenn man Schuldgefühle hat und sich nach Vergebung sehnt, kann es gut sein, dass man einem Kind zu viele Freiheiten zugesteht. Zum Beispiel, dass man es länger aufbleiben lässt oder seinen Wünschen nachgibt. Das hilft ihm nicht. Im Gegenteil, Kinder brauchen Stabilität. Viele Eltern kennen solche Situationen – hier finden Sie Unterstützung, wenn Sie sich beraten lassen möchten.

Das Kind soll darüber sprechen dürfen
Es ist wichtig, dass Ihr Kind sich frei fühlt, mit jemandem über seine Situation zu sprechen, wenn es das möchte.
Sagen Sie ihm ganz klar, dass es dieses Recht hat. So getraut es sich, sich jemandem anzuvertrauen, ohne Ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wenn Ihr Kind noch klein ist, können Sie mit ihm gemeinsam schauen, mit wem es sprechen könnte.
Ihr Kind könnte sich Nahestehenden zuwenden: zum Beispiel den Grosseltern, einer Person aus der Nachbarschaft, seinem Paten oder seiner Patin. Es kann sich auch an Fachpersonen wenden: z.B. einer Schulsozialarbeiterin, einem Schulsozialarbeiter, einer Fachperson für Suchtberatung oder einer Lehrperson.

Ich bin trotz allem seine Mutter/sein Vater
Egal wie Ihre Situation aussieht, Sie sind sehr wichtig für Ihr Kind – auch in seinen Augen! – und niemand wird Sie ersetzen können. Auch wenn Ihre Beziehung wegen Ihres Konsumproblems manchmal schwierig ist, bleibt sie für Ihr Kind fundamental. Sie sind für Ihr Kind verantwortlich. Das heisst, dass Sie für Ihr Kind da sind, oder sich unterstützen lassen, um für Ihr Kind da sein zu können.

Keine Versprechungen mehr machen
Manchmal macht man ehrlich gemeinte Versprechungen, die aber wegen der Krankheit schwierig einzuhalten sind. Das Kind rechnet jedoch damit, dass Sie Wort halten. Wenn ein Versprechen nicht eingehalten wird, ist ein Kind oft sehr enttäuscht, traurig und wütend. Und Sie selbst wohl auch. Nach und nach verliert es so das Vertrauen in Sie und in andere Personen. Vielleicht wäre es besser, keine Versprechungen mehr zu machen. Überraschen Sie Ihr Kind stattdessen mit einem Ausflug oder einer gemeinsamen Unternehmung.

Wäre eine Fremdplatzierung eine gute Lösung?
Es kommt vor, dass eine Situation so schwierig wird, dass sich Eltern nicht mehr in der Lage fühlen, für ihr Kind zu sorgen und es genügend zu schützen. Mit den zuständigen Behörden über eine mögliche Fremdplatzierung zu sprechen, kann vielleicht notwendig sein, damit alle in der Familie ihren Weg wieder finden können. Auch wenn eine Trennung sehr schmerzhaft ist und Angst machen kann: Es ist ein verantwortungsvoller Schritt. Oft wird eine Fremdplatzierung nur vorübergehend notwendig sein. Sie gibt allen die Möglichkeit, weiterzukommen und auf sichererem Boden neu zu starten.

Wann wird mein Kind fremdplatziert?
Viele suchtkranke Eltern kennen die Angst davor, Hilfe zu suchen, weil sie fürchten, dass die Kinder fremdplatziert werden könnten. Wenn Sie aber merken, dass Sie gegenwärtig nicht mehr in der Lage sind, für das Wohl und die Sicherheit Ihrer Kinder zu garantieren, müssen Sie sie schützen, indem Sie sich nach aussen wenden. Ein solcher Schritt zeigt, dass Sie verantwortungsbewusst sind und in Sorge um Ihr Kind handeln. Der Entzug der elterlichen Obhut ist sehr selten und wird erst dann erfolgen, wenn andere Massnahmen nicht greifen. Meistens empfehlen die Behörden Massnahmen, die die Eltern in ihrer Rolle als Erziehende unterstützen. Sie werden alles tun, um für Ihre Kinder die bestmögliche Unterstützung zu bieten, immer mit dem Blick darauf, dass sie nicht gefährdet sind.

Mein Kind will mich nicht sehen. Was kann ich tun?
Die Fremdplatzierung ist für das Kind sehr schwierig und jedes Kind erlebt die Trennung von den Eltern in seiner eigenen Weise. Eine mögliche Reaktion ist, dass es Sie nicht sehen will und vielleicht nicht mal mit Ihnen am Telefon sprechen will. Eine solche Reaktion kann unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht ist es wütend auf Sie. Vielleicht will es sich vor weiteren Enttäuschungen schützen. Vielleicht ist es traurig. Auch wenn das für Sie sehr schwer zu ertragen ist, versuchen Sie Ihr Kind zu verstehen und sprechen Sie mit den Personen, die Ihr Kind betreuen, damit sich die Situation auch wieder verändern kann.

Hat mein Kind eine Vertrauensperson?
Mit mindestens einer erwachsenen Vertrauensperson im Kontakt zu sein, ist eines der wichtigsten Dinge für Ihr Kind. Wenn Ihr Kind weiss, dass diese Person immer da ist und sich um es sorgt, gibt ihm dies grosse Sicherheit. Diese Bezugsperson kann ein Familienmitglied sein, eine Lehrperson, eine Nachbarin, ein Nachbar oder eine andere erwachsene, verlässliche Person.